Anreise
“Code Grau, Code Grau!”
(Nicht zu verwechseln mit “Fifty shades of Grey”)
Das ist bei mir auf der Arbeit die mehr oder minder geheime Losung wenn mal wieder ein ehemaliger in die Rente eingetretener Kollege zu Besuch ist. Nicht das solche Besuche ungern gesehen sind. Wir freuen uns durchaus wenn alte Kollegen mal reinschauen und Hallo sagen. Trotzdem ist es dann doch meist so, dass diese altergrauten Kollegen gekommen sind um zu plauschen, während uns oftmals Aufgaben auf die Zeit drücken.
Die Mitglieder der Fraktion Code Grau sind sehr gern gesehen, aber wenn man gerade mitten im Stress ist oder andere Pläne für den Tag hat, kommen sie ungelegen. Denn je netter und beliebter die Kollegen sind um so schwerer ist es, sich selbst wieder wegzukomplimentieren. Mit der Losung Code Grau kann man daher den anderen Kollegen einen Hinweis geben, dass es gerade besser wäre nicht das Sekretariat oder die Kaffeeküche aufzusuchen. Gleichwohl bleibt ein Gefühl der Verlegenheit darüber das man den Alten Unrecht tut.
Als ich heute früh im Gate in Frankfurt für mein Flug zur AIDA eintraf, hatte ich ein ähnlichen Eindruck.
Es ist die erste Tour mit dem Clubschiff AIDA für mich. Mein Bild genährt aus der Werbung aber eigentlich auch von Berichten und Kommentaren im Netz war der, dass AIDA quasi die Variante Kreuzfahrt für Leute im Partyalter sei. Also zwischen 20 und 40+x. Für ältere Semester dagegen gäbe es ja die traditionellen Schiffe wie die von Costa und co. Da können dann auch Rheumadecken verkauft werden und abends muss man im feinen Anzug ins Restaurant…
Nun, mein erster Eindruck und meine spätere Stichprobenzählung ergab das man von 10 Leuten sicherlich 7 der Generation 50+x zuordnen muss… Partypeople? Uff… hoffentlich wird das jetzt keine Kaffeedampferfahrt.
Oh, ja, zwei drei Ausnahmen gab’s doch. Etwa alle 8 Sitzreihen a 6 Personen war dann eine junge Familie mit Kind im “schreienden Alter”. Ich hatte kurz die Hoffnung das die älteren Herrschaften gar nicht zur AIDA sondern irgendwo auf Gran Canaria wollen. Diese Hoffnung wurde dann aber in der Ansprache vom Captain zerschlagen der uns eine schöne Kreuzfahrt wünschte.
Ansonsten blieb der Condor-Flug im erwarteten. Wenn nicht gerade der „Kaufhauscop 2“ gekommen wäre, hätten sie bestimmt alternativ „Nachts im Museum“ oder die „Schokoladenfabrik“ gezeigt. Auf immer noch viel zu kleinen Monitoren. Wohl dem, der sein Laptop mit eigenem Film dabei hat.
Glück im Unglück hatte ich mit meinem Sitz in der 757-300. Ich wollte ja eigentlich beim (Not-)Ausgang sitzen. Die waren aber frühzeitig weg. Nun stellt sich heraus das der Sitz in Reihe 12 zwar theoretisch Beinfreiheit hat, aber da davor das Klo ist, warten dann alle genau in dem Zwischenraum, was es dann doch wieder eng und nervig macht.
Jetzt mal abwarten was noch kommt.
Am Abend
Es ist gerade 23 Uhr lokaler Zeit. Alles hat gut geklappt, wie es halt so klappt im Urlaub wenn man eine neue Tour mitmacht und noch nicht genau weiß wie was richtig organisiert ist und was man tun muss und was nicht.
Mein Eindruck von heute früh betreffend “Code Grau” hat sich nicht widerlegen können. Ganz im Gegenteil muss ich meine vorherige Schätzung von 50+x eher aufrunden. Vielleicht gar auf 60+x… Mein Gott, hier sind sogar Leute mit Rollator unterwegs.
Als dann heute abend nach der Show zum Auslaufen die Musik mit einem Stück von einem längst verstorbenen amerikanischen Rockstar begann, musste ich auch etwas die Augen verdrehen. Das klingt jetzt krass, als ob ich solchen alten Leuten das nicht gönne. Es ist nur das ich das wirklich nicht so erwartet hab. Wir sind auf dem Club – und Partyschiff AIDA aber das Publikum ist nicht in dem Alter wo man noch wilden Feten macht.
Irgendwelche Schlaumeier werden mir beim Lesen meiner Worte bestimmt schreiben, “Hey, das wusste doch jeder..”
Nun, ich nicht. Und das wo ich doch sonst immer bei allen Reiseangeboten durch Kommentare lese um das Salz in der Suppe zu finden… Wie peinlich, das mir das entgangen ist. Vielleicht war ich auch gegenüber den Hinweisen einfach blind.
Naja egal, ich wollte mich eh faul entspannen und auch nichts mit Leuten unternehmen. höchstens das Sport und Fitnessprogramm reizt mich ein bisschen. Eine Fahrradtour hab ich ja schon gebucht. Auf Praia. Der zweiten Insel der Capverden. Ich hoffe mal, das dort vielleicht auch Leute meiner nahen Altersgruppe dabei sind.
Ebenfalls am Abend, noch vor dem Auslaufen fand die internationale Seenotrettungsübung statt. Viel Lärm um nichts. Wenn die Signaltöne erklingen, die zum Sammeln rufen, soll man die Rettungsweste anlegen und zum dafür vorgesehenen Sammelpunkt gehen. Dort wird man dann erfasst ob man da ist und danach noch auf Englisch und Deutsch erklärt wie man die Rettungsweste richtig anlegt…mit der man schon angezogen gekommen ist.
Obwohl das eigentlich kaum falsch zu machen ist, haben dennoch auch da ein paar Leute Nachholbedarf. Wobei es wohl eher an dem Willen und der Ernsthaftigkeit lag mit der die Übung angegangen wurde. Eine ältere Frau nölte hinter mir die ganze Zeit rum, von wegen das sie Urlaub hätte und das nicht nötig sei. Wobei ich mich innerlich fragte ob sie denn tatsächlich Urlaub hätte und nicht wohl eher längst in Rente sei. Merkt man mir an, dass ich noch immer über das Durchschnittsalter der Leute geschockt bin? Kein bisschen, oder? 🙂
Morgen fahren wir La Gomera an. Das ist noch in den Kanaren. Da werde ich dann meinen ersten Faultag machen 😉
Jetzt jedoch trinke ich meinen Absacker auf und dann gehe ich auch so langsam in die Heia. Bin ja auch senil und brauche mein Schlaf. Könnte natürlich auch daran liegen das ich bei den 3 Stunden Schlaf letzte Nacht einen kleinen Grund hätte etwas schlaff zu sein.
Hat jemand das Wieselflink gesehen?